Technische Universität Braunschweig
Institute für Informatik
Einladung zum
Informatik-Kolloquium
Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch:
Elektronische Gesundheitsakten: Historie, Konzepte, Optionen und Risiken
Redner Info | Lehrstuhl für Medizinische Informatik, CIO des Universitätsklinikums Erlangen |
Beginn | 17.11.2008, 17:00 Uhr |
Ort | TU Braunschweig, Informatikzentrum, Mühlenpfordtstraße 23, 1. OG, Hörsaal M 160 |
Eingeladen durch | Prof. Dr. Reinhold Haux |
Nach Warda versteht man unter einer "Elektronischen Gesundheitsakte“ (EGA), eine elektronische Sammlung verteilt bei Leistungserbringern und Patienten anfallender klinischer und gesundheitsbezogener Daten eines Menschen, die omnipräsent, lebenslang, unabhängig von Ort und Zeit allen am Behandlungsprozess Beteiligten (inkl. der Patienten!) bedarfsgerecht präsentiert werden kann.".
In der amerikanischen Literatur wird hierfür oft der Begriff Personal Health Record (oder aber Personal Electronic Health Record bzw. neuerdings Personnally Controlled Health Record) verwendet. Die EGA nutzt einen internetbasierten Client-Server-Ansatz und ist von jedem Ort mit Internetzugang nutzbar.
Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal der elektronischen Gesundheitsakte zur elektronische Patientenakte (abgekürzt EPA) ist dabei die alleinige Verfügungsgewalt des Patienten über seine Akte und damit seine medizinischen Daten. Er alleine entscheidet, wer welche Daten in seiner Akte speichert, ändert und wer welche Informationen einsehen und nutzen darf.
Erste Überlegungen zur konzeptionellen Gestaltung solcher EGAs stammen aus dem Ende des 20. Jahrhunderts und rührten ursprünglich aus den USA. Frühe Übersichtsartikel zum Status und der Funktionalität solcher EGAs wurden von Sittig sowie Kim und Johnson in 2002 publiziert. Die in Deutschland bekanntesten EGAs sind Lifesensor (ICW) und die careon-Gesundheitsakte sowie Akteonline (Universitätsklinikum Münster/Gesakon) und Avetana (Offspring der Universität Karlsruhe) als eher universitäre Entwicklungsprojekte.
Während die careon Gesundheitsakte bereits seit vielen Jahren vor allem über verschiedene Betriebskrankenkassen ihren Mitgliedern bereit gestellt wird, wurde die Lifesensor Akte spätestens seit Ende 2007 bekannt, als die Barmer Krankenkasse ankündigte sie als Barmer EGA ihren Mitgliedern anzubieten.
Einige der heute bekanntesten amerikanischen EGA-Anwendungen sind MyChart (Palo Alto Medical Foundation), PatientSite (Beth Israel Deaconess Medical Center) und Indivo/Ping (Children’s Hospital Boston) (vgl. hierzu z.B. Halamka et al. 2008).
In 2007 kündigten auch die Firmen Google und Microsoft an, Elektronische Gesundheitsakten auf den Markt zu bringen. Anfang 2008 wurden erste Projekte initiiert, in denen insbesondere Kooperationen mit Firmen, Krankenkassen oder auch Krankenhäusern geschlossen und Schnittstellen zu existierenden Systemen (z.B. dem KIS der Cleveland Clinic oder dem IT System der Blue Cross-Blue Shield Versicherung) vereinbart wurden.
Seit diesen Initiativen trifft diese Thema auch in der Öffentlichkeit, unter Medizinern und bei Datenschützern auf sehr großes Interesse und führt zu regen Diskussionen in verschiedenen Internet-Publikationen und Blogs. U.a. ging Steinbrock sogar in einer Veröffentlichung im New England Journal of Medicine auf die Optionen und Risiken dieser EGA-Entwicklungen ein.
Im Vortrag wird die Historie und Funktionalität verschiedener EGA-Anwendungen näher beleuchtet. Insbesondere gehe ich aber auch auf die neueren Entwicklungen, das daraus resultierende Potential sowie auch die daraus potentiell entstehenden Risiken aufgezeigt. |
Die Dozenten der Informatik